Mehrspaltiges Weblayout und das Flohmarkt-Dilemma

Wie geht ihr auf dem Flohmarkt durch einen Gang: seht ihr euch erst alle Stände auf einer Seite an und geht dann auf der anderen Seite zurück, oder pendelt ihr im Flohmarkt-Zickzack hin und her? Oder wechselt ihr gar zwischendurch die Taktik?

Und was hat das mit Webdesign zu tun?

Nun, Webseiten mit mehr als einer Spalte für den Inhalt erzeugen bei mir das gleiche Gefühl wie diese blöden Flohmarktgänge. Wie ich es auch versuche, ich bin immer ein wenig desorientiert. Auf dem Flohmarkt wie auf mehrspaltig gesetzten Webseiten. Und da besonders bei mehrspaltig gesetzten Übersichtsseiten. Lese ich erst die eine Spalte oder deren Überschriften, dann muss ich am Ende wieder ganz zurück (und nach oben scrollen), um da wieder anzufangen und ein zweites Mal durch die Seite zu gehen. Und natürlich bleiben meine Augen nicht auf der einen Seite, weil immer wieder Überschriften den Blick auf sich ziehen.

Ich wechsele also. Nur – wie kann man sich da merken, wo man in der ersten Spalte gewesen ist, wenn man zwei oder drei Absätze in der zweiten gelesen hat. Wie auf dem Flohmarkt. Ich gehe mit dem festen Vorsatz in den Gang, nur die eine Seite abzusuchen. Und dann schaue ich mich einmal um, sehe auf der anderen Seite etwas viel versprechendes, gehe da zwei Stände weiter – und bin raus. Wo war ich jetzt auf der ersten Seite schon gewesen?
Das ist der Grund, warum zu meinen oft besuchten Seite eigentlich nur solche gehören, deren Inhalt nur eine Spalte einnimmt. Ich rede nicht von Navigations- oder Marginalspalten: die zählen nicht, denn die kann ich mental ausblenden. Aber ich lese keine Seiten (oder ich tue das nur ungern), bei denen ich für Überschriften zwei Spalten abgrasen muss.

Beispiel: The Register teilt die Hauptspalte in drei Spalten auf. Anders als bei Zeitungsspalten stehen benachbarte Überschriften immer auf der gleichen Höhe (dank klassischen Tabellenlayouts), so dass auch noch Lücken zwischen den aufeinander folgenden Artikeln entstehen. Mein Blick springt immer hin und her, hoch und runter, ständig unsicher, welches die beste Leserichtung ist. Andererseits: Heise ist zwar nicht unbedingt schön, aber ich muss nur eine Richtung scannen.

Bei der FAZ sind es nach den drei Hauptteasern wieder zwei Spalten, jeweils mit eingestreuten Zwischenheads für Kategorien. Jetzt mal unabhängig, was ich von den Inhalten halte: Beim Spiegel komme ich besser zurecht. Da gab es sogar eine kurze Zeit nach der letzten Überarbeitung, in der im unteren Bereich Teaser in zwei Spalten standen. Aber das wurde auf Leserwunsch bald wieder geändert.

Wie kommt es, dass ein Layout, das im Zeitungssatz so üblich ist und mich da auch gar nicht stört, mir im Web so großes Unbehagen erzeugt? Ich vermute, es liegt an der zusätzlichen Dimension Scrollen, die es bei der Zeitung nicht gibt. Bezugspunkte wie Spaltenanfänge und Überschriften bewegen sich und geraten aus dem Blickfeld. Webseiten gleichen da eher alten Leserollen als dem klassischen Zeitungstableau.

Und Leserollen werden meines Wissens nach auch nicht mehrspaltig geschrieben.


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.